Kapitel 4: Moderne Numismatik

4.3 Erhaltungsgrade

Auf der Suche nach echten numismatischen Raritäten in Gold und Silber müssen Sammler und Anleger genau hinsehen – denn die Erhaltung einer Münze entscheidet neben der Seltenheit über den Wert. Und die Bestimmung der Prägequalität wirkt wie eine komplizierte Wissenschaft – die Details der Münze müssen genau in den Blick genommen werden. Sind beispielsweise Buchstaben oder feinste Details noch gut zu erkennen und sind entsprechend erhaltene Prägungen selten, kann die Münze leicht ein Vielfaches kosten. Zwar spielt die Erhaltung einer klassischen Anlegermünze in Gold und Silber beim Weiterverkauf an die Bank meist keine Rolle, dennoch ist eine genaue Kenntnis der Prägequalitäten unerlässlich, um beim Investment in numismatische Stücke die richtige Wahl zu treffen. 

Die Einstufung einer Münze bleibt jedoch auch mit diesen konkreten und leicht nachvollziehbaren Anhaltspunkten eine Herausforderung. Zudem gibt es die unterschiedlichsten Erhaltungskategorien, insbesondere im internationalen Markt wird mit detaillreichen Abstufungen gearbeitet. Auf dem deutschen Markt hat sich eine fünfstufige Skala entwickelt, die von den nur bedingt sammelwürdigen Erhaltungen „schön“ sowie „sehr schön“ über das wesentlich interessantere „vorzüglich“ bis zu den Königskategorien „Stempelglanz“ und „Polierte Platte“ reicht. 

Schön (S) 

Entsprechende Stücke weisen sehr starke Abnutzungsspuren und Beschädigungen auf, also beispielsweise Dellen oder tiefe Kratzer. Das Münzbild ist kaum noch zu erkennen, Jahreszahlen oder Buchstaben sind stark abgenutzt. Von Feinheiten wie Wappen lassen sich nur noch die Umrisse ausmachen. Allerdings sollte die Schrift noch ansatzweise zu erkennen sein. 

Sehr schön (ss) 

Dieser Erhaltungsgrad wird an Münzen vergeben, denen man ihre Lebensgeschichte als Zahlungsmittel deutlich ansehen kann. Münzen aus dem täglichen Geldkreislauf sind meistens in diese Erhaltungsklasse einzugruppieren. Als sehr schön geltende Sammlerstücke weisen deutliche Umlaufspuren und starke Abnutzungen auf, auch im Bereich der freien Flächen. Kleinere Kratzer werden ebenfalls gestattet. Allerdings tolerieren Sammler in dieser Erhaltungskategorie keine groben Schäden wie Kerben oder Dellen. Die meisten Kaiserreichmünzen in Gold und Silber sind in diese Kategorie einzuordnen. 

Vorzüglich (vz) 

Diese Münzen waren nur kurz im Umlauf und haben ihren ursprünglichen Prägeglanz normalerweise verloren. Der Name ist in dieser Erhaltungsklasse wörtlich zu nehmen: Vorzügliche Münzen dürfen keine groben Beschädigungen aufweisen, auch die freien Felder im Münzbild sowie der Rand müssen makellos sein. Münzen in dieser Erhaltung lassen sich beispielsweise daran erkennen, dass kleinste Details beispielsweise in Wappen oder Haaren ohne Schaden erhalten sind. Insbesondere bei Kaiserreichmünzen aus Gold und Silber hilft ein Blick auf das Wappenschild des Reichsadlers, um zu entscheiden, ob eine Münze noch im sehr schönen Bereich einzuordnen ist oder bereits als „vorzüglich“ gilt. In dieser Erhaltung sind höchstens kleine Kratzer, die nur mit der Lupe erkennbar sind, zu tolerieren. 

Stempelglanz (st) 

Bei der Einstufung einer Münze in diese Kategorie müssen allerstrengste Maßstäbe angesetzt werden. Die Münze muss ihren ursprünglichen Glanz behalten haben, auf den freien Feldern darf es keinerlei Kratzer geben. Sobald auch nur der Ansatz einer Gebrauchsspur zu erkennen ist, fällt die Münze aus dem Stempelglanz-Bereich heraus – Ausnahmen dürfen nur bei winzigen Unebenheiten gemacht werden, die durch den Prägevorgang entstanden sein können. Denn wenn die Münzen aus der Prägemaschine ausgeworfen werden, fallen sie auf andere Münzen. Die meisten Anlagemünzen in Gold und Silber werden in dieser Prägequalität ausgeliefert. 

Polierte Platte (PP) 

Münzen in dieser Prägequalität werden nicht für den Umlauf hergestellt, sondern zu Sammelzwecken verkauft. Bereits bei der Auswahl der Ronden für diese Prägungen wird höchste Sorgfalt angewendet – nur makellose Münzplättchen, die ebenso wie die Stempel poliert werden, kommen in Frage. Sie werden von Hand in die Prägemaschine gesetzt, der Stempel muss regelmäßig von Staub befreit werden. Zudem werden die Stempel regelmäßig ausgetauscht, damit sie nicht zu sehr abnutzen. Mehrere Anlegermünzen aus Gold und Silber, beispielsweise der Australian Nugget, werden in dieser Prägequalität hergestellt.

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