Marktbericht KW 41 – Endspiel um den Euro, für Griechenland läuft die Zeit ab

Plakate mit „Merkel raus“-Sprüchen, brennende Hakenkreuz-Fahnen, Brandsätze auf dem Syntagma-Platz, Tränengas, Geschrei – die Szenen, die sich beim Besuch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel beim griechischen Präsidenten Antonis Samaras am Dienstag abspielten, passen so gar nicht zu den warmen Worten, die beide Politiker füreinander fanden. Von einem Besuch bei Freunden und Partnern war die Rede, von intensiven Gesprächen und Fortschritten war zu hören.

Tatsächlich hat sich in dieser Woche abermals gezeigt, dass nicht nur das Vertrauen der Griechen in die europäischen Partner, sondern auch das Vertrauen der internationalen Geldgeber in die Griechen zerstört ist. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker, bisher ein entschiedener Verteidiger der Griechen als Euro-Partner, hat Athen noch am gleichen Tag ein dramatisches Ultimatum gesetzt: Die bereits im März zugesagten Sparpläne müssten bis spätestens 18. Oktober umgesetzt werden. Erst dann würde die nächste Kredittranche freigegeben. Juncker forderte ein klares und glaubwürdiges Bekenntnis der Griechen zur kompletten Umsetzung des Programms. Noch drastischer formulierte es Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds: „Handeln heißt handeln – nicht reden“, sagte sie am Dienstag. Alle drei Partner der Troika – neben IWF und der Europäischen Zentralbank ist auch die Europäische Kommission beteiligt – billigen weiterhin nicht das neue griechische Sparprogramm und halten es für unzureichend.

Der Goldpreis tanzt unterdessen auf und ab. Geschwächt wurde er in dieser Woche insbesondere durch positive Arbeitsmarktzahlen aus den USA. Anfang November ist die Arbeitslosigkeit in den USA zum ersten Mal seit dem Jahr 2009 unter 8 Prozent gesunken – die Hoffnungen auf eine vierte geldpolitische Lockerung („quantitiative easing“) der FED gingen daraufhin zurück. Die kurze Schwäche des Goldpreises nach dieser Nachricht war allerdings nur von kurzer Dauer, als nach dem Staatsbesuch der deutschen Kanzlerin in Athen neue Details und Einschätzungen bekannt wurden.

Wer glaubt, dass die Euro-Zone aus dem Gröbsten heraus ist, sollte sich das Herbstgutachten mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute etwas näher ansehen. Die Forscher liefern abseits aller Polemik ganz nüchterne Fakten zu einer bevorstehenden Griechenland-Pleite und erklären, warum das Mittelmeerland nicht mehr zu retten ist. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft verweist beispielsweise auf den fehlenden Reformprozess in Griechenland und erklärt, dass eine Restrukturierung der griechischen Staatsschulden dringend nötig sei – im Klartext: Ein weiterer Schuldenschnitt ist unvermeidlich, und damit auch ein weiterer Verlust deutscher Steuergelder.

Auch die Wirtschaftswissenschaftler des Münchner Ifo-Instituts sagen einen solchen Schritt voraus. Zwar habe Griechenland bei der Haushaltssanierung durchaus Fortschritte gemacht, der Abschwung in der griechischen Wirtschaft sei aber so gewaltig, dass ein stabiler Weg raus aus den Schulden praktisch unmöglich geworden sei. Die Ifo-Forscher bestätigen auch einen Vorwurf, den viele Griechen gegenüber der Troika äußern: Es sind die brutalen Sparbemühungen, die das Land in eine tiefe Rezession gestürzt haben und eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt haben. Immerhin sind derzeit 25 Prozent aller arbeitsfähigen Griechen ohne Arbeit, in der Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren ist jeder Zweite arbeitslos.

In ihrem Herbstgutachten nehmen die Wirtschaftsforschungsinstitute auch die Folgen der Griechenland-Insolvenz für Deutschland und Europa in den Blick – und tatsächlich zieht die anhaltende Euro-Schwäche auch das Wachstum in Deutschland nach unten. Die Wachstumsprognose für das kommende Jahr wurde um die Hälfte gesenkt, nach ursprünglich zwei Prozent soll die deutsche Wirtschaft im Jahr 2013 nur noch um ein mageres Prozent wachsen. Auch die Entwertung der europäischen Gemeinschaftswährung wird sich nach Einschätzung von Ifo, IfW und Co. fortsetzen – die Inflationsgefahr nimmt zu: Mit der Entscheidung, Staatsanleihen zu kaufen, sei die Preisstabilität und damit der Grundpfeiler der Währungsunion ins Wanken geraten. Tatsächlich betreibe die EZB, so die Wirtschaftsforscher, eine indirekte Staatsfinanzierung.

Die nächsten Tage dürften weitere Klarheit zum griechischen Schicksal in der Eurozone bieten – am 18. Oktober läuft das Ultimatum der Troika ab, am Wochenende findet die Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Japan statt. Kurz zuvor hatte IWF-Chefin Christine Lagarde noch einen Aufschub von zwei Jahren für Griechenland ins Gespräch gebracht – egal wie sich die internationalen Geldgeber entschließen, die fundamentalen Rahmenbedingungen für einen weiteren Anstieg bei Gold und Silber sind also gelegt.

Diese Erkenntnis setzt sich offenbar auch bei immer mehr Deutschen durch – eine aktuelle Allensbach-Umfrage zeigt deutlich, dass Gold als sichere Anlage gefragt ist: In der Umfrage gaben nur 16 Prozent der Teilnehmer an, die Riester-Rente für sicher zu halten, bei Gold waren es dagegen 36 Prozent der Befragten. Offenbar sind auch immer weniger Deutsche bereit, ihr Altgold zu Geld zu machen – das Altgoldangebot ist gegenüber dem Vorjahr um rund 12 Prozent zurückgegangen, Ankäufer suchen händeringend nach verwertbarem Material.

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