Marktbericht KW8 – Soros, FED und viele gute Gründe für eine Rückkehr der Goldhausse

Die vergangene Woche ist ein Musterbeispiel für die Entwicklung des Goldpreises und sollte in einem Lehrbuch für alle Marktbeobachter festgehalten werden, die ein Ende der Goldhausse herbeireden und ein Comeback der Kursfeuerwerke an den Aktienmärkten voraussagen. Tatsächlich brach der Goldpreis bereits zum Ende der vergangenen Woche dramatisch ein und durchbrach eine Unterstützungslinie nach der anderen. Mit 1170 Euro hatte der Goldpreis an seinem niedrigsten Punkt am Mittwoch sogar ein 16-Monatstief verzeichnet.

Während sich noch am Donnerstagmorgen die Kommentatoren die Finger wund schrieben, schoss der Goldpreis wieder steil nach oben. In der Spitze legte er 30 Euro zu, während der DAX am Donnerstag etwa zwei Prozent seines Wertes einbüßte. Die Stimmung, die noch vor wenigen Tagen eindeutig gegen Gold und in Richtung eines gesteigerten Risikoappetits gerichtet war, hatte sich schlagartig gedreht. Am Freitagvormittag unternahm der Goldpreis dann einen Anlauf, die wichtige Marke von 1200 Euro pro Feinunze zu überwinden.

Doch warum bricht der Goldpreis so spektakulär ein und kann in kürzester Zeit einen Teil des Verlustes wieder ausgleichen? Die Gründe, die aktuell gegen den Goldpreis sprechen, stellen sich beim näheren Hinsehen als wenig tragfähig heraus. Besonders stark haben dem Goldpreis in den vergangenen Tagen zwei Meldungen zugesetzt:

  • Der umfassende Ausstieg des Star-Investors George Soros aus dem Goldmarkt erschütterte am vergangenen Freitag die Edelmetallpreise. Soros hatte seine Positionen auf einen steigenden Preis für das Edelmetall halbiert – allerdings bereits im vierten Quartal 2012, sodass es erstaunlich ist, dass der Goldpreis erst jetzt einbricht, obwohl die betreffenden Transaktionen längst abgeschlossen sind. Rückwirkend lässt sich so zwar die Goldschwäche im November und Dezember erklären, im Februar 2013 hat die Meldung vor allem eins gebracht: Unnötige Panik.
  • Auch die Veröffentlichung des Protokolls der letzten FED-Sitzung aus dem Dezember 2012 hat den Absturz des Goldpreises weiter angefeuert. Nachdem entsprechende Gerüchte bereits länger kursierten, lag jetzt schwarz auf weiß die Gewissheit vor: Die US-Notenbank denkt nun auch laut über ein Ende der geldpolitischen Lockerung nach. Der Zeitpunkt für diese Überlegungen ist allerdings geradezu grotesk – ursprünglich sollte die lockere Geldpolitik beibehalten werden, bis die Arbeitslosenquote der USA auf 6,5 Prozent gesunken ist – derzeit liegt sie bei 7,9 Prozent. Auch die US-Wirtschaft lahmt, anstelle eines leichten Wachstums ging die Konjunktur jüngst um 0,1 Prozent zurück.

Die nächsten Tage werden eine dramatische Richtungsentscheidung für den Goldpreis einläuten, denn gleich zwei Ereignisse haben direkte Auswirkungen auf die Nervosität an den Finanzmärkten:

Wenn sich Republikaner und Demokraten in den USA nicht bis zum nächsten Freitag auf einen verfassungsgemäßen Haushalt einigen, ist Chaos vorprogrammiert. Denn dann treten automatische Ausgabenkürzungen in Kraft, die dafür sorgen, dass Staatsbedienstete nur noch einen Teil Ihrer Arbeitszeit leisten und bezahlt bekommen. Die automatischen Ausgabenkürzungen werden nach offiziellen Zahlen für Einsparungen von 85 Milliarden Dollar bis zum Jahresende sorgen, die für den Konsum fehlen – die Wirtschaft würde in einem solchen Szenario um mindestens 0,6 Prozentpunkte einbrechen, etwa 750.000 Jobs gehen verloren – das eigentliche Ziel der FED, die geldpolitischen Lockerungen erst nach einem drastischen Rückgang der Arbeitslosigkeit zurückzunehmen, wäre dann in weite Ferne gerückt. Die FED wird also bei ihrem nächsten Offenmarktausschuss, wo offiziell über Alternativen zum „quantitative easing“ nachgedacht werden soll, gar keine andere Wahl haben und das „quantitative easing“-Programm weiterlaufen lassen und die Märkte mit Geld fluten.

Auch in Europa stehen unruhige Zeiten bevor: Am nächsten Sonntag und Montag finden die Parlamentswahlen in Italien statt. Und der Euro-Schreck Silvio Berlusconi, der noch vor Wochen als Außenseiter gehandelt wurde, baut seinen Rückstand von Tag zu Tag weiter ab. Nach letzten Wählerbefragungen sollen ihm nur noch fünf Prozent bis zur Mehrheit fehlen – und je nach Umfragen ist ein Viertel bis ein Drittel der Italiener noch unentschlossen. Die Prognosen für die Wahl und die Euro-Zone sehen daher auch düster aus: In jedem Fall wird es eine knappe Entscheidung geben, entweder mit Berlusconi als Ministerpräsident oder Wirtschaftsminister und einem harten Gegner des Sparkurses. Falls er die nötige Mehrheit verfehlt, wird Berlusconi ein harter Oppositionspolitiker im Parlament sein und bei Neuwahlen umso bessere Karten haben.

Ein möglicher Wahlsieg von Silvio Berlusconi beunruhigt nicht nur, wie am Freitag zu lesen war, die deutsche Bundesregierung, sondern auch viele Marktbeobachter. Es ist bekannt, wie Berlusconi sich in den vergangenen Wochen die Sympathien vieler Wähler gesichert hat – mit markigen Versprechen, die allesamt für eine weitere Explosion des Schuldenberges der Italiener sorgen werden. Warum in einer solchen Situation immer noch einzelne Kommentatoren einen steigenden Risikoappetit als Anlagetrend des Jahres ausmachen, ist unverständlich und grob fahrlässig. Dies wird vor allem bei einem Blick auf die übrigen Krisenländer deutlich:

Spanien freut sich über einen Rückgang des Staatsdefizits auf einen Stand von „weniger als sieben Prozent“ – dabei bleibt unerwähnt, dass das vereinbarte Ziel von 6,3 Prozent nicht erreicht wurde. Portugal kämpft derzeit weniger um einen Abbau seiner Schulden und kümmert sich lieber darum, mehr Zeit zu gewinnen: Nachdem die Portugiesen bereits eine Fristverlängerung von 2013 auf 2014 für ein Erreichen ihrer Defizitziele von den internationalen Geldgebern erhalten haben, sollen sie nun bis 2015 weiter Schulden machen dürfen. Sowohl in Spanien als auch in Portugal lässt die wirtschaftliche Entwicklung eigentlich keine Hoffnung auf mehr Geld im Staats-Säckel zu: Die Arbeitslosigkeit liegt in Portugal bei 16,9 Prozent, in Spanien ist sie sogar auf 26 Prozent geklettert. Die Folgen der europäischen Schuldenkrise könnten sich allerdings zuerst bei einem kleinen Euro-Partner in barer Münze bemerkbar machen: Die Ratingagentur Standard & Poor’s warnt vor einem Zahlungsausfall in Zypern und befürchtet eine Ansteckungsgefahr für den pleitegefährdeten Krisenkandidaten Griechenland – zehn Prozent der griechischen Spareinlagen sind bei zyprischen Banken deponiert.

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