Marktbericht KW 48 – Gold kurzzeitig unter Druck – Computergesteuertes Chaos auf dem Edelmetall-Markt
Griechenland hat nach wochenlangem Gezerre endlich die gewünschten 33 Milliarden Euro aus Brüssel bekommen, die US-amerikanische Regierung kann sich weiter nicht mit dem Kongress auf den Haushalt für das neue Jahr einigen – die fundamentalen Rahmenbedingungen für einen steigenden Goldpreis haben sich in der vergangenen Woche nicht verändert. Umso mehr dürften Anleger am Mittwoch mit Schrecken auf die Kursnotierung geblickt haben, als der Goldpreis innerhalb weniger Stunden um mehr als 30 Dollar einbrach und auch auf Euro-Basis etwa zwei Prozent an Wert verloren hatte. Zwischendurch kratzte der Goldpreis sogar an der psychologisch wichtigen Marke von 1700 Dollar – ein Unterschreiten dieses Wertes hätte die weiteren Kursprognosen für dieses Jahr eingetrübt.
Warum wurde der Goldpreis so kräftig gedrückt? Die Erklärung ist überraschend einfach – und sollte Anlegern deutlich machen, dass es noch lange nicht an der Zeit ist, den Gold-Dampfer zu verlassen. So wurde in den ersten Minuten des Futures-Handels an der New Yorker Rohstoffbörse eine umfangreiche computergesteuerte Verkaufsorder ausgelöst, die durch das Unterschreiten von voreingestellten Wertmarken weitere automatische Anschlussverkäufe auslöste. So setzte sich eine Kettenreaktion in Gang, die den Goldpreis auf Talfahrt schickte.
Der Schrecken währte allerdings nur für kurze Zeit, denn am darauf folgenden Tag waren die Wertverluste größtenteils ausgeglichen. Wer aufgrund eines solchen Kursverlaufs das Ende der Gold-Hausse herbeiredet, verrät damit nur seine Unwissenheit – denn es ist allgemeinhin bekannt, dass computergesteuerte Handelssysteme massive Preisbewegungen verursachen können, ohne dass es dafür einen tatsächlichen Anlass oder eine Änderung der fundamentalen Rahmenbedingungen gibt. Langfristig orientierte Anleger sollten entsprechende Kursrücksetzer als Gelegenheit zum Nachkaufen nutzen.
Unterdessen rückt die Stunde der Wahrheit immer näher – nicht nur für den ständigen Pleitekandidaten Griechenland, sondern auch für den deutschen Steuerzahler. Denn die Bundesregierung hatte bisher hartnäckig ausgeschlossen, dass deutsche Steuergelder im griechischen Schuldensumpf versinken. Von einem „Maßnahmenpaket“ war die Rede, vom Hinauszögern schmerzhafter Entscheidungen. Doch schon bald dürfte die Schuldenkrise der griechischen Euro-Partner auch im deutschen Staatshaushalt ankommen: Ein Schuldenschnitt für den notorischen Defizitsünder Griechenland steht offenbar kurz bevor.
Auch wenn die deutsche Bundesregierung sich noch beharrlich gegen einen solchen Schritt wehrt, ist es Griechenland nach allen ökonomischen Gesetzen praktisch unmöglich, seinen Schuldenstand bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken – also kann das Land keine neuen Hilfskredite bekommen. So sieht zumindest die Logik des mächtigen IWF aus, der klamme Staaten nur dann stützen darf, wenn eine Rückzahlung der Hilfsgelder wahrscheinlich ist. Im Klartext: Der IWF kann es sich nicht leisten, in ein Milliardengrab zu investieren. Und die Verschuldungsquote der Griechen wird in den kommenden Jahren explodieren – von derzeit 177 Prozent auf bis zu 190 Prozent im Jahr 2014. Um diese Schuldenlast zu senken, sind praktisch nur drei Auswege denkbar: Ein Wunder, ein Boom der griechischen Wirtschaft – oder ein drastischer Schuldenschnitt.
Wie in einer solchen Situation seriöser Werterhalt und Vermögensschutz funktionieren, machen die Zentralbanken in aller Welt vor – die Käufe der staatlichen Geldinstitute werden im Jahr 2012 voraussichtlich einen neuen Rekordwert erreichen und jenseits der Vorjahresmenge von 457 Tonnen liegen. Gleich mehrere Länder greifen auf dem Goldmarkt kräftig zu – nur ein Beispiel: Brasilien hat seine Goldreserven im Oktober um etwa ein Drittel gesteigert und ganze 17 Tonnen Gold gekauft. In den brasilianischen Zentralbanktresoren lagern nun 52 Tonnen Gold. Das anhaltende Interesse der Zentralbanken, die ihre Devisenreserven in Edelmetallen auch weiterhin aufstocken, wird als Zeichen für das Misstrauen in die Papierwährungen gewertet.
Unterdessen sollten Edelmetallanleger bereits frühzeitig einen anderen Boom-Markt im Blick behalten: Nach einigen Rückschlägen dürfte der Silberpreis, wie die Nachrichtenagentur Thomson Reuters berichtet, in den kommenden Jahren durch eine steigende industrielle Nachfrage gestützt werden. Silber ist stärker als Gold in der Industrie gefragt – und wenn die Wirtschaft lahmt, sinkt auch die Nachfrage nach dem weißen Metall. Die Research-Abteilung von Thomson Reuters schätzt, dass die industrielle Silbernachfrage in den Jahren 2013 und 2014 um 7 und danach 6 Prozent steigt. Zudem dürfte das Interesse an silbernen Münzen und Barren im Jahresverlauf weiter zunehmen, weil zum 1. Januar 2014 das Mehrwertsteuerprivileg für Silber fällt. In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Lieferengpässe bei einzelnen Silber-Anlagemünzen – wer frühzeitig kauft, ist auf der sicheren Seite.
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