Marktbericht KW 45 Die US-Amerikaner stimmen für Obama – und die Anleger stimmen für Gold

Die Präsidentschaftswahlen in den USA sind vorbei – und die Freude dürfte nicht nur beim neuen und alten Präsidenten Barack Obama groß sein, auch die Edelmetallanleger hatten im Vorfeld der Wahl allen Grund zu feiern: Denn kurz bevor am Dienstagabend deutscher Zeit in den USA die Wahllokale geöffnet wurden, legten die Edelmetalle einen regelrechten Wertturbo ein. Bis zum Ende des Tages konnte Gold die schmerzhaften Verluste der letzten Woche komplett ausgleichen – um satte zwei Prozent stieg der Wert des gelben Metalls am Dienstag an.


Die Wertentwicklung der Edelmetalle in den vergangenen sieben Tagen haben eindrucksvoll deutlich gemacht, dass kurzfristige Abgesänge auf Gold und Silber völlig fehl am Platze sind. In der vergangenen Woche war der Goldpreis noch eingebrochen, nachdem die US-Arbeitsmarktzahlen veröffentlicht wurden. Und weil die Erwerbstätigenquote in den USA geringer als erwartet zurück ging, sahen die Marktbeobachter eine vierte geldpolitische Lockerung in weite Ferne gerückt. In vielen Marktkommentaren war abermals die Rede davon, dass die Wirtschaftskrise in den USA so gut wie ausgestanden ist. Tatsächlich gingen viele Goldbesitzer mit gemischten Gefühlen ins Wochenende, hatte der Goldpreis doch zum ersten Mal seit der FED-Entscheidung vom 13. September für ein unbegrenztes QE-Programm unter einem Wert von 1700 US-Dollar pro Unze geschlossen.

Offenbar hat sich in den Folgetagen – und insbesondere kurz vor Öffnung der Wahllokale in den USA – dann aber doch die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Ausgang der US-Wahl in keinem Fall eine Patentlösung für die lahmende US-Wirtschaft hervorbringen würde. Im Gegenteil: Sowohl US-Präsident Obama als auch sein Herausforderer, der Republikaner Mitt Romney, hielten sich mit konkreten und vor allem plausiblen Plänen zurück und propagierten dagegen ihre ganz speziellen Ideen – die aberwitzigen Steuerentlastungspläne speziell für die amerikanischen Superreichen auf der einen Seite (Romney), auf der anderen Seite eine verwässerte Finanzmarktreform und ein unsicherer Steuerkompromiss (Obama).

Zwar wird sich an der Spitze des US-amerikanischen Staates personell nichts ändern – der alte und neue Präsident wird jedoch, soviel steht jetzt schon so gut wie fest, eine stürmische zweite Amtszeit erleben. Denn den USA drohen automatische Steuererhöhungen und empfindliche Etatkürzungen, die Gefahr einer starken Rezession steigt. Zudem dürfte die Politik des Präsidenten von der Mehrheit der Republikaner im US-Kongress dauerhaft lahmgelegt werden. Ein Schreckgespenst macht die Runde – es heißt „fiskalische Klippe“. Denn wenn das US-Budget nicht vom Repräsentantenhaus abgesegnet wird, treten ab dem neuen Jahr automatische Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Kraft – tritt dieser Fall ein, ist eine Rezession so gut wie sicher.

Diese düsteren Aussichten dürften dem Goldpreis weiterhin Auftrieb bereiten. Bereits jetzt stimmen praktisch alle wichtigen Marktbeobachter in eine neue Gold-Euphorie ein. Die Commerzbank rechnet mit einem Goldpreis von 1900 Dollar bis zum Jahresende, die DZ Bank geht sogar von 2100 Dollar aus. Es wird also allerhöchste Zeit für Edelmetallanleger, sich für eine kleine Jahresendrallye vorzubereiten.

Das Interesse an Gold nimmt nicht nur bei Privatanlegern zu, auch die Zentralbanken in aller Welt greifen verstärkt zu und bauen ihre Goldbestände aus. Am Dienstag hat der World Gold Council die aktuellen Zahlen veröffentlicht – die Zuwächse bei Brasilien, der Ukraine und der Türkei waren bereits bekannt. Neu ist jedoch die Einschätzung des Council, dass der Markt für Gold in Indien zum Jahresende deutlich an Fahrt aufnehmen wird. Immerhin läuft derzeit die Hochzeits- und Feiertagssaison an. Besonders interessant ist die Feststellung des World Gold Council, dass Gold in Indien immer mehr die Funktion eines Investmentprodukts gewinnt – dies ist für den Goldpreis eine wichtige Entwicklung, denn die Nachfrage aus der Schmuckindustrie geht seit Jahren zurück. Der World Gold Council geht daher davon aus, dass – anders als immer wieder von Marktbeobachtern vermutet – die Gesamtmenge der indischen Goldkäufe nicht einbrechen wird.

Unterdessen wird es in der kommenden Woche mal wieder knapp für Griechenland – das hochverschuldete Land würde ohne neue Hilfen zur Monatsmitte bankrottgehen. Die Euro-Gruppe vermutet, dass vor dem 11. oder 12. November kein abschließender Griechenland-Bericht vorliegen wird. Euro-Gruppenchef Jean Claude Juncker bekräftigte, dass die Troika sich um einen Abschluss der Verhandlungen bis zum 12. November bemühen möchte – zwischen den Zeilen ist jedoch deutlich heraus zu lesen, dass eine solche Einigung alles andere als sicher ist. Kurz vor der Entscheidung des griechischen Parlaments drangen erneut hässliche Bilder aus Athen an die Öffentlichkeit: Brandsätze wurden geworfen, die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas. Mehr als 70.000 Menschen haben in Athen gegen das geplante Sparprogramm protestiert – dabei waren auch wieder deutschenfeindliche Plakate zu sehen.

Abseits der politischen Ebene dürften diese Bilder in Deutschland abermals das Vertrauen in die griechischen Partner beschädigen. Zudem muss der Deutsche Bundestag einem abschließenden Griechenland-Bericht und der Auszahlung neuer Hilfen zustimmen – und hier regt sich Widerstand, der über das übliche parlamentarische Rauschen hinaus geht. Immerhin hat die deutsche Bundesregierung offenbar ihre Hausaufgaben gemacht: Für dieses Jahr erwartet sie zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 6 Milliarden Euro. Genau diesen Betrag, also 6 Milliarden Euro, wird Deutschland aktuellen Berechnungen zufolge zusätzlich aufbringen müssen, wenn Griechenland zwei Jahre mehr Zeit für sein vermeintliches Sparprogramm bekommt. Denn Athen braucht 20 Milliarden Euro zusätzlich, um laufende Schulden zu begleichen. Im Klartext: Was Deutschland durch zusätzliche Steuereinnahmen in den Staatshaushalt reinholt, dürfte schon bald direkt nach Athen weitergereicht werden.

Da ist es kein Wunder, dass die Nachfrage nach Gold auch in Deutschland weiter steigt und in den nächsten Wochen eine Fortsetzung der Edelmetall-Hausse wahrscheinlich ist. Immerhin zeigten in den vergangenen Tagen so gut wie alle Kurstabellen, egal ob der DAX im Fokus stand oder die US-amerikanischen Börsen, nach unten – nur Gold glänzte vor und auch nach der US-Wahl mit Wertzuwächsen.

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