Marktbericht KW 39 – Aus dem Platin-Streit wird ein Gold-Streik
Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass nicht nur die abstrakte Krisen-Angst in Europa den Goldpreis nach oben treibt, sondern auch die Lage vor Ort in den Abbaugebieten. Noch vor einer Woche konnten die Platin-Minen in Südafrika das Ende eines wochenlangen Streiks vermelden, der rasante Anstieg des Platinpreises wurde daraufhin gebremst. Auch der gewaltige Zuwachs beim Palladiumpreis von etwa 580 US-Dollar je Unze auf knapp 700 US-Dollar je Unze am 14. September war nur von kurzer Dauer, die Korrekturphase bei beiden Metallen hält an. Anleger sollten bei Platin und Palladium besonders vorsichtig vorgehen – die schwache Weltwirtschaft sorgt dafür, dass die Nachfrage nach beiden Metallen vor allem in der Autoindustrie nachlässt. Es ist davon auszugehen, dass das Angebot in diesem Jahr die Nachfrage überschreiten wird. Die Folge: Wertverlust. In jedem Falle dürften größere Preissprünge nach oben unwahrscheinlich sein.
Dagegen legt Gold seit Donnerstag den Wertturbo ein – denn nun streiken die Arbeiter in den Goldminen. Offenbar ermutigt durch die Einigung in den Platinminen – die Bergarbeiter haben 22 Prozent mehr Gehalt erkämpft – stehen im ganzen Land bereits 4 von 10 Goldminen still. Besonders stark betroffen ist der weltweit drittgrößte Goldproduzent AngloGold Ashanti. Und die Streiks könnten sich in den kommenden Tagen auf weitere Minen ausbreiten, zumal auch aus den Platin-Minen vereinzelt neue Streiks gemeldet werden und allein beim Weltmarktführer Anglo American Platinum pro Tag etwa zwanzigtausend Unzen verloren gehen. Der Nachrichtendienst Bloomberg berichtet von Förderausfällen von rund 32.000 Unzen Gold beim Produzenten Gold Fields. Und die Minenbetreiber stehen auch sonst unter Druck: Die Kosten der Goldförderung haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, insbesondere die Stromkosten drücken aufs Budget.
Unterstützt wird der steigende Goldpreis auch durch die konstant hohe Nachfrage durch Zentralbanken in aller Welt. Auch im August haben, wie der World Gold Council in dieser Woche mitteilte, zahlreiche Staaten ihre Goldreserven drastisch aufgestockt. Bestes Beispiel: Paraguay hat 7,53 Tonnen Gold gekauft – zuvor besaß das südamerikanische Land weniger als eine Tonne. Südkorea – im Jahr 2011 noch als größter Verkäufer auffällig – hat im August insgesamt 15,99 Tonnen dazugekauft und besitzt nun 70,44 Tonnen. Seit der Verkaufswelle aus dem Jahr 2011 haben sich die südkoreanischen Goldbestände somit mehr als verdoppelt. Auf der Verkäuferseite tut sich dagegen kaum etwas – Venezuela ist eines der Länder, die ihre Goldreserven geringfügig abgebaut haben. Erstaunlich ist auch die Kauflaune der Türkei: Rund 100 der 262 Tonnen, die alle Zentralbanken der Welt in diesem Jahr bisher zu ihren Goldreserven hinzugefügt haben, landeten in türkischen Tresoren.
In die weltweiten Lobeshymnen auf Gold ist in dieser Woche auch die Deutsche Bank eingestiegen: US-amerikanische Analysten der Bank haben in einer Analyse ein düsteres Bild der Weltwirtschaft gezeichnet und dem gelben Metall beste Entwicklungsmöglichkeiten bescheinigt: In dem Bericht wird Gold als „gutes“ Geld bezeichnet, während Papiergeld als „schlechtes“ Geld anzusehen sei. Wachstum, Renditen und das Vertrauen in die Märkte werden auf null sinken, heißt es in dem Papier. Die gewagte Prognose der Deutschen Bank lautet: Der US-Dollar wird “auf weniger als ein Zweitausendstel einer Unze Gold“ im ersten Halbjahr 2013″ fallen.
Wenig Neues gab es in dieser Woche aus Griechenland – die Athener Regierung beweist ihre Unzuverlässigkeit immer wieder aufs Neue: Der SPIEGEL hatte zum Wochenstart enthüllt, dass die Finanzierungslücke im griechischen Staatshaushalt deutlich größer als offiziell bekannt ist. Griechenland braucht demnach rund 20 Milliarden Euro und damit doppelt soviel wie zuletzt eingestanden. Die Einigung der Regierung auf ein Sparpaket von 12 Milliarden Euro dürfte also nicht ausreichend sein. Und der Generalstreik, der seit Mittwoch die griechische Wirtschaft lahmlegt, dürfte die Krise nur noch verschärfen. Wie ernst es um die Griechenland-Rettung tatsächlich bestellt ist, zeigt auch die angebliche Entscheidung der Troika aus EU, EZB und IWF, ihren Bericht erst der US-Wahl am 6. November vorzulegen. Mehrere Vertreter der EU erklärten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass jede Gefahr für die Weltwirtschaft vor der Wahl vermieden werden müsse. Offenbar wird der große Knall also nur auf die Zeit nach dem 6. November verschoben.
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