Marktbericht KW 37 – FED flutet den Markt – Stunde der Wahrheit für Ben Bernanke

Seit über zwei Jahren hingen die Marktbeobachter an den Lippen von US-Notenbankchef Ben Bernanke, regelmäßig hatten Analysten den vermeintlich richtigen Zeitpunkt für eine dritte geldpolitische Lockerung ausgemacht – doch obwohl die amerikanische Wirtschaft lahmt und keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt absehbar war, enttäuschte der FED-Präsident die Märkte immer wieder aufs Neue. Ein neuerlicher Eingriff in den Geldmarkt galt als gefährlich – immerhin hatte die US-Notenbank bereits über 2,3 Billionen Dollar in marode Staatsanleihen und Wertpapiere gepumpt.

Gestern Abend war für Ben Bernanke offenbar die Stunde der Wahrheit gekommen – nach Börsenschluss in Europa verkündete der FED-Präsident das lang erwartete „QE3“, also eine weitere geldpolitische Lockerung. Der Umfang der Rettungsmaßnahmen verblüffte selbst vorsichtige Analysten – die FED will künftig Schuldenpapiere im Wert von 40 Milliarden Dollar pro Monat aufkaufen – ohne zeitliche Begrenzung. Und damit nicht genug: Bernanke kündigte an, dass die jüngst beschlossenen Käufe von hypothekenbesicherten Wertpapieren bei Bedarf noch drastisch ausgeweitet werden könnten. Zudem behält sich die FED vor, zusätzliche Staatsanleihen aufzukaufen.

Mit seiner gestrigen Stellungnahme hat der US-Notenbankchef alle Beobachter in die Realität zurück geholt, die von einem Ende der Krise und einem Aufschwung in Amerika überzeugt waren – selbst die FED geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr wohl nicht mehr unter acht Prozent sinken werde. Bis ein viertes „quantitative easing“ nachgeschossen wird, dürfte es also nur noch eine Frage der Zeit sein.

Während die Prognosen für die US-amerikanische Wirtschaft immer finsterer ausfallen, hat der „goldene Herbst“ bei den Edelmetallen längst begonnen. Allein am gestrigen Abend hat Gold um 1,5 Prozent zugelegt, Silber stieg innerhalb weniger Stunden um satte 3,5 Prozent. Gold hat in den vergangenen Wochen nicht nur die wichtige und bis vor kurzem noch unüberwindbare Hürde von 1.600 Dollar überwunden und auch die 1.700-Dollar-Marke hinter sich gelassen – Analysten und Journalisten sprechen längst von einem „goldenen Herbst“. Dabei wird vergessen, dass im Schatten des gelben Metalls zwei weitere Anlageklassen glänzen: Silber konnte im vergangenen Monat auf Dollar-Basis um 25 Prozent zulegen, Platin gewann etwa 18 Prozent. Zum Vergleich: Der Zuwachs bei Gold liegt bei „nur“ 10 Prozent.

Die Zuwächse sind nur auf den ersten Blick überraschend. Für Silber spricht die starke zunehmende industrielle Nachfrage wegen des starken Wachstums im Elektrotechniksektor und in der Photovoltaik. Der Grund für die Hausse bei Platin ist weniger erfreulich: Seit nunmehr vier Wochen streiken die Bergarbeiter in Südafrika, sie kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen und eine Verdoppelung ihres Lohns, der bei rund 500 Euro pro Monat liegt. Die blanken Zahlen des Streiks zeigen, wie ernst der Arbeitskampf ist: Allein in der Marikana-Mine erschienen nur sechs Prozent der 28.000 Arbeiter zur Arbeit. Bei einer Protestaktion am 16. August wurden 34 Bergarbeiter getötet und 78 verletzt, die Ordnungshüter sollen lokalen Medienberichten zufolge mit äußerster Brutalität vorgegangen sein.

Die Eskalation der Gewalt beeinträchtigt inzwischen auch den Abbau von Gold – neben Platinminen werden nun auch Unternehmen wie „Gold Fields“ mit 47.000 Mitarbeitern bestreikt. Marktanalysten befürchten nun, dass die gesamte Branche in einen Streikstrudel gezogen wird, nachdem mehrere große Minenbetreiber kein Entgegenkommen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen signalisiert haben. Entsprechende Folgen wären verheerend für die südafrikanische Wirtschaft – der Abbau von Rohstoffen hat das Land in den vergangenen Jahrzehnten dauerhaft gestärkt.

Zudem werden Edelmetalle weiterhin als Funktion als Krisen- und Inflationsschutz stark nachgefragt, wie aktuelle Zahlen des World Gold Council belegen. Dutzende Staaten haben ihre Goldbestände aufgestockt, allen voran die der Türkei mit einem Zuwachs von 44,7 Tonnen, Südkorea mit einem Zukauf von 15,5 Tonnen und Russland mit 18,6 Tonnen. Verkäufe waren nur vereinzelt zu beobachten: Mexiko stieß 0,1 Tonne ab, Guatemala trennte sich von 0,2 Tonnen. Die Statistik des World Gold Council spricht eine eindeutige Sprache: Die Zentralbanken in aller Welt greifen beim Gold kräftig zu, allein im zweiten Quartal sind die Goldbestände aller Zentralbanken um 157,5 Tonnen gestiegen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2012 haben die Zentralbanken insgesamt 254 Tonnen Gold dazu gekauft. Analysten gehen davon aus, dass der im Vorjahr aufgestellte Rekordwert von 458 Tonnen deutlich vor Dezember 2012 übertroffen wird. Die anhaltend hohe Nachfrage dürfte somit auch den Goldpreis in den kommenden Monaten stützen – und für einen „goldenen Herbst“ sorgen, der in den kommenden Wochen noch stärker glänzen wird.

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