Marktbericht KW 33: Gold-Stärke – Anleger kehren in den „sicheren Hafen“ zurück
Party an der Börse, Flaute auf dem Edelmetallmarkt – diese Trennung, an die sich Anleger in den vergangenen Monaten gewöhnt haben, ist spätestens seit dem drastischen Kursrutsch beim DAX vorbei. Zwar konnte sich der Deutsche Aktienindex seit dem Tief bei knapp 8900 Punkten leicht erholen, doch die aktuelle Marke von 9200 Punkten ist alles andere als sicher. Schwache BIP-Zahlen für Deutschland und höhere Arbeitslosenzahlen in den USA machen deutlich, dass die vermeintliche Krisenwährung Gold auch weiterhin ohne Alternative ist. Die politischen Spannungen nach dem Abschuss einer Passagiermaschine über der Ukraine, zahlreiche schwache Unternehmensergebnisse zu Beginn der Berichtssaison, die (absehbare) Argentinienpleite sowie die Aussagen der FED-Chefin Janet Yellen zu einer möglichen Zinswende hatten die Aktienmärkte unter Druck gesetzt.
Das als Krisenwährung geltende Metall Gold konnte seine Spitzenwerte von 1350 US-Dollar dagegen vorerst nicht verteidigen und rutsche noch auf 1300 US-Dollar pro Feinunze ab. Inzwischen hat sich der Goldpreis oberhalb dieser Grenze positioniert und setzt seine Bodenbildung weiter fort. Als gutes Zeichen darf die intakte 200-Tage-Linie gewertet werden, die bei 1290 US-Dollar verläuft und in immer weitere Ferne gerät. Viele Marktanalysten gehen davon aus, dass Gold eine Bodenbildung mit anschließender Trendumkehr erreicht hat. Martin Siegert, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, geht beispielsweise davon aus, dass nun die Stunde von Gold schlägt: Trotz des fehlenden Inflationsdrucks werde Gold nach oben gehen. Nach einem doppelten Tief wurde ein drittes Tief Ende April gesetzt, der Dreifachboden bietet nun die Basis für neue Kursziele bei 1390 und 1460 US-Dollar pro Feinunze.
Für unnötige Verunsicherung hat in den letzten Tagen ein Bericht des „World Gold Council“ gesorgt. Der Interessenverband der Edelmetallbranche hat bekannt gegeben, dass die weltweite Nachfrage nach Gold im zweiten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen ist. Und dieser Zusatz ist wichtig – der World Gold Council erklärt die Zahlen mit dem außergewöhnlichen Handelsjahr 2013, als der Goldpreisrutsch zu einer massiven Nachfragesteigerung führte. In diesem Jahr kehrt der Markt dagegen zu langfristigen Trends zurück. Im Klartext: Nachdem vor allem asiatische und indische Investoren vor einem Jahr die niedrigen Kurse genutzt haben, um den Markt leer zu kaufen, ist ein Jahr später wieder Normalität eingekehrt. Der Bericht des World Gold Council enthält viele gute Nachrichten für Anleger: So ist beispielsweise der weltweite Gesamtinvestitionsbedarf, also die Investitionen in Barren und Münzen in Kombination mit Exchange Traded Funds (ETF), um vier Prozent angestiegen. Auch die Nachfrage der Zentralbanken im zweiten Quartal 2014 ist sprunghaft angestiegen – um 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Aus dieser Richtung dürfte die Unterstützung für den Goldpreis also anhalten.
Die Aussicht auf weitere geldpolitische Lockerungen in Europa sowie eine zunehmende Inflation in Verbindung mit anhaltenden Niedrigzinsen werden den Goldpreis auch in den kommenden Wochen stützen. Denn die Vereinigten Staaten von Amerika werden sich schlichtweg keine höheren Zinsen leisten, weil sie mit Niedrigzinsen ihren Staatsschuldenberg besser weginflationieren können. Und nach den schwachen Arbeitsmarktzahlen ist unsicher, ob die FED im kommenden Monat ihre „tapering“ genannte Rücknahme der milliardenschweren Anleihekäufe fortsetzen wird. Dagegen nimmt die Wahrscheinlichkeit eines europäischen Anleihekaufprogrammes immer weiter zu. Und was eine solche Entscheidung für den Goldpreis bedeutet, lässt sich eindrucksvoll durch einen Blick zurück in den August 2012 beobachten: Damals legte Silber auf Dollar-Basis um sensationelle 25 Prozent zu, Platin gewann etwa 18 Prozent und Gold stieg um 10 Prozent, nachdem der damalige FED-Präsident Ben Bernanke die dritte Runde geldpolitischer Lockerungen („QE3“) bekanntgab. Der Europäischen Zentralbank läuft im Kampf gegen die Inflation die Zeit davon – ein „quantitative easing“ wird also immer wahrscheinlicher.