Marktbericht KW 31: Warum sich die meisten Gründe gegen Gold in Luft auflösen
In den vergangenen Tagen hätte mal wieder der Eindruck entstehen können, dass die weltweite Schuldenkrise vorbei und der lang ersehnte Boom der Weltwirtschaft endlich gekommen sei – der Goldpreis sackte am Mittwoch bis zu 1,5 Prozent ab, Aktien haussierten dagegen gleicht. Doch am Abend wurde bekannt, was eigentlich schon längst feststand: Die FED wird die Politik des billigen Geldes auf absehbare Zeit nicht antasten. Und heute legte die EZB nach – auch in Europa wird es weiter Geld knapp über dem Nullzinssatz geben. Sogar die renommierte Bank of England hält am Mager-Zinssatz von nur 0,5 Prozent fest.
Die eindeutigen Einschätzungen aller wichtigen Notenbanken der Welt sollten ein klares Signal für die Edelmetallmärkte sein – zwar kam der Goldpreis gestern Nachmittag noch durch überraschend gute US-Konjunkturdaten unter Druck, doch nach dem FED-Statement waren alle Verluste wieder ausgeglichen. Inzwischen dürfte sich auch bei allzu skeptischen Marktbeobachter die Erkenntnis durchsetzen, dass das Schreckgespenst eines schnellen Endes der billigen Geldflut bereits im Herbst nicht zu erwarten ist. Im Gegenteil: Die FED betonte die Gefahren für die wirtschaftliche Entwicklung durch eine zu niedrige Inflationsrate. Im Klartext: Billiges Geld muss es auch über den Herbst hinaus geben.
Der Goldpreis hat diese Nachrichten bislang noch nicht mit einer neuerlichen Hausse quittiert, doch die aktuelle Entwicklung ist wichtig für eine Fortsetzung der Edelmetallrallye – die hart umkämpften Marken von 1300 US-Dollar und 1000 Euro pro Feinunze scheinen inzwischen nach unten abgesichert, das Bekenntnis der Notenbanken zu Niedrigzinsen dürfte diese Entwicklung verstärken. Denn die dauerhaften Anleihekäufe von monatlich 85 Milliarden Dollar sowie ein Anziehen der Inflation werden den Goldpreis stützen und deutlich machen, dass der „sichere Hafen“ weiter nötig ist.
Von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt erledigt sich derzeit auch ein weiteres starkes Argument gegen Gold – die starken Abflüsse aus börsengehandelten Goldfonds (ETFs) lassen nach, laut dem Nachrichtensender „Bloomberg“ verzeichnen die Gold-ETFs zum dritten Tag in Folge leichte Zuflüsse. Seit einer Woche ist unterm Strich kein Gold aus den ETFs mehr abgeflossen, auch hier ist also eine Bodenbildung zu beobachten. Und wenn der Druck aus den börsengehandelten Fonds genommen wird und die Käufe langsam wieder zunehmen, wird auch dies positive Effekte auf die Entwicklung des Goldpreises in der zweiten Jahreshälfte haben. Immerhin sind im zweiten Quartal dieses Jahres insgesamt 404,4 Tonnen Gold aus börsengehandelten Fonds abgezogen worden, seit Jahresanfang wurden die ETFs um einen Wert von rund 18,5 Milliarden Euro erleichtert.
Und damit nicht genug der guten Nachrichten zu Gold: Auch in Indien zeichnet sich eine Entspannung der Lage auf dem Edelmetallmarkt ab. Zwar will die Regierung die Goldimporte weiter beschränken. Doch die Inder denken nicht daran, sich dem Goldverbot zu unterwerfen. Sie kaufen weiterhin das gelbe Metall und sind sogar bereit, drastische Aufschläge in Kauf zu nehmen – der Aufpreis hat sich in den vergangenen sieben Tagen verdoppelt und soll weiter steigen: Derzeit müssen Juweliere rund zehn Dollar pro Unze draufzahlen, der Preis könnte noch auf 25 Dollar pro Unze ansteigen. Die Erntesaison in Indien steht kurz bevor und für eine gute Ernte belohnen sich die Inder gern mit goldenen Geschenken. Auch die Hochzeitssaison wird dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Gold aus Indien nicht abreißt.
In den nächsten Tagen dürften sich die Blicke wieder verstärkt auf die Euro-Krise richten. Denn wie erwartet ist es zu Verzögerungen bei der Verurteilung des früheren Ministerpräsidenten Italiens gekommen. Silvo Berlusconi wartet seit Dienstag auf sein Urteil – und die Hängepartie belastet von Stunde zu Stunde immer stärker die italienische Regierung. Wenn der „Cavaliere“ tatsächlich zu Hausarrest verurteilt wird, wollen einige Abgeordnete seiner „Partei der Freiheit“ die große Koalition aufkündigen, die Italien seit Monaten lähmt und durch Untätigkeit auffällt. Die italienischen Staatsschulden sind im vergangenen Quartal dramatisch gestiegen, Rezepte gegen die Krise wurden bis heute nicht präsentiert. So könnte ein Urteil gegen Berlusconi die italienische Politik und damit auch die Eurozone endgültig ins Chaos stürzen.
Dass die Schuldenländer im Süden von Europa dennoch auf einen dauerhaften Geldfluß hoffen dürfen, zeigt sich in dieser Woche erneut: Griechenland hat die dringend benötigte Hilfstranche von 1,72 Milliarden Euro erhalten, nachdem das Land mal wieder kurz vor der Pleite stand. Um das Geld zu bekommen, haben die Griechen in letzter Minute die lang geforderte Mobilitätsreserve für Staatsbedienstete umgesetzt. Ob es die Regierung schafft, die zugesagte Zahl an Mitarbeitenden des öffentlichen Dienstes in diese Transfergesellschaft zu überführen, bleibt abzuwarten.
Unterm Strich hat sich die Lage für Gold also deutlich aufgehellt, die aktuelle Seitwärtsbewegung und Stabilisierungsphase bietet beste Einstiegsmöglichkeiten. Gerade für langfristig orientierte Anleger sind Gold-Investments gerade jetzt lohnend. Die Charttechnik hält gute Nachrichten für Gold bereit – schon auf kurze Sicht ist eine dauerhafte Erholung wahrscheinlich, wenn Gold die nächste Unterstützung bei 1200 Dollar je Unze in den nächsten Wochen verteidigt. Mit einem Stand von über 1300 US-Dollar in dieser Woche präsentiert sich Gold also in voller Stärke – und legt die Grundlage für eine spannende zweite Jahreshälfte auf den Edelmetallmärkten.
Im Blick behalten sollten Anleger neben Gold aber auch Silber – auch das weiße Metall konsolidiert seit Wochen und bietet attraktive Einstiegschancen. Zudem läuft die Zeit: Silber ist nur noch fünf Monate lang zum günstigen Steuersatz von sieben Prozent zu haben, ab dem neuen Jahr werden 19 Prozent fällig. Und der „kleine Bruder von Gold“ hat oft gezeigt, dass er die Hürde von sieben Prozent in schnellster Zeit nach oben überwinden kann.
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