Marktbericht KW 29: Goldpreis setzt Erholung fort – Die Stunde der Wahrheit für Ben Bernanke

Noch liegen viele Schritte vor einem richtigen Comeback, doch der Goldpreis kämpft sich vorsichtig zurück zu alter Stärke – am Freitagabend ging das gelbe Metall mit einem Preis von 984 Euro oder 1285 US-Dollar aus dem Handel, ein Angriff auf die psychologisch wichtigen Marken von 1000 Euro und 1300 US-Dollar wird für die neue Woche erwartet. Seit dem Tiefpunkt bei 1180 US-Dollar hat sich der Goldpreis stückweise und in leichten Erholungswellen stabilisiert, Marktbeobachter sprechen von einer ausgedehnten Bodenbildung – und diese soll schon bald abgeschlossen sein.

In der vergangenen Woche war eindrucksvoll zu beobachten, nach welchen Mechanismen der Goldpreis derzeit festgelegt wird – es regiert offenbar das Prinzip „Hoffnung“. Denn nachdem die vergangene Sitzung des Offenmarktausschusses der „Federal Reserve Bank“ den Goldpreis in den Keller geschickt hatte, liegen nun Fakten vor: Der Bericht des Offenmarktausschusses wird turnusgemäß nach drei Wochen veröffentlicht. Und das Dokument zeichnete keinesfalls das Bild einer wild entschlossenen FED, die ihre Anleihekäufe schon bald drosseln will. Im Gegenteil: Man will sich nicht beeilen beim sogenannten „tapering“, also der Reduzierung der geldpolitischen Lockerungen, die seit Monaten den Aktienmarkt befeuern.

Es ist erstaunlich, dass Ben Bernanke höchstpersönlich in der vergangenen Woche bei einer Rede klarstellte, dass die hohe Arbeitslosigkeit und die niedrige Inflation keine Alternative zu einer Politik des billigen Geldes bietet. Laut Bernanke ist eine „sehr expansive Geldpolitik“ auch weiterhin das Ziel der FED-Politik in „absehbarer Zeit“. Bernanke ging sogar noch einen Schritt weiter und machte deutlich, dass die Zinsen automatisch angehoben werden, wenn die Arbeitslosigkeit auf 6,5 Prozent gesunken sei. Eine solche Maßnahme könnte auch erst nach einer Übergangsphase kommen.

Mit der überraschenden Positionsbestimmung des mächtigen FED-Präsidenten dürfte also klar sein, dass es im Herbst 2013 keine Rücknahme der Politik des billigen Geldes geben kann. Denn das FED-Ziel von einer Arbeitslosenquote um 6,5 Prozent ist weiter unerreicht, die Arbeitslosigkeit verharrt auf dem Niveau von 7,6 Prozent. Der breiter gefasste „U6“-Arbeitslosigkeitswert ist gestiegen – von 13,8 auf 14,3 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt fällt, das Handelsdefizit steigt. Wer in einer solchen Situation auf einen plötzlichen Wirtschaftsboom in den USA hofft, sollte sein Geld gleich im Casino verzocken.

In den vergangenen Wochen war immer wieder ein Vergleich zu lesen, der Hoffnung macht: So brach der Goldpreis im Jahre 1974 um satte 44 Prozent innerhalb von nur 20 Monaten ein – in den darauf folgenden drei Jahren schoss der Goldpreis dann aber von 100 auf 800 Dollar pro Feinunze hinauf. Bemerkenswert sind die Parallelen zwischen der Wertentwicklung der Siebziger Jahre und dem aktuellen Preisrückgang beim Gold – beide Chartgrafiken nehmen bislang einen sehr ähnlichen Verlauf und der Goldpreis korrigiert derzeit praktisch analog zu dem damaligen Crash. Zwar wäre eine Goldpreisprognose, die von einer Verachtfachung des Wertes in den nächsten Monaten ausgeht, in hohem Maße unseriös, ebenso unberechtigt ist aber auch der aktuelle Preis von Gold und Silber.

Das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage sowie den Förderkosten wird immer deutlicher – es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Minenbetreiber ankündigt, seine Produktion zu drosseln oder vollständig einzustellen. Und die niedrigen Goldpreise drücken sogar auf die großen und traditionsreichen Unternehmen – einem Bloomberg-Bericht zufolge muss beispielsweise das Unternehmen Harmony Gold derzeit 1.220 US-Dollar pro Unze an Förderkosten aufwenden, bei AngloGold liegen die Förderkosten bei 1.204 US-Dollar pro Unze – diese beiden Unternehmen, die zu den stabilen Minenunternehmen zählen, können also nicht mehr profitabel arbeiten. Und die Lage verschärft sich: Die Arbeiter in den Minen fordern höhere Löhne.

Die Erholung bei den Edelmetallen wird derzeit auch durch die Eurokrise gestützt, denn die vergessenen Problemherde im Süden von Europa machen wieder mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam – Griechenland verwässert seine Reformanstrengungen und verfehlt abermals die Ziele bei der Verschlankung der Staatsverwaltung sowie den Privatisierungen. Die Arbeitslosigkeit in Griechenland und den übrigen Südländern steigt weiter von Rekord zu Rekord. Und Italien liegt inzwischen in der Bewertung der Ratingagenturen knapp über Ramschniveau.

Edelmetall-Investoren sollten derzeit verstärkt nach Silber Ausschau halten – denn der Silberimport in Indien ist überraschend explodiert und von nur 1.900 Tonnen Silber im gesamten Jahr 2012 allein in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres auf 2.400 Tonnen angestiegen. Die Anleger in Indien schichten ihren Besitz offenbar im großen Stil von Gold in Silber um, nachdem der Besitz von Gold durch die Regierung systematisch behindert wird. Die starke physische Nachfrage dürfte also den Silberpreis stützen, erste Lieferengpässe werden gemeldet.

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