Marktbericht KW 21: Warum George Soros das Gold kritisiert – und gleichzeitig im großen Stil auf dem Goldmarkt zuschlägt
Der vergangene Montag war Balsam auf die Seele eines jeden Edelmetallhändlers: Nachdem Gold und Silber mit starken Verlusten in den Handelstag gestartet waren, konnten sich beide Metalle im Tagesverlauf stabilisieren und mit einem Plus von etwa drei Prozent aus dem Handel gehen – doch der lang ersehnte Befreiungsschlag lässt weiterhin auf sich warten, wie die Kursentwicklung am Dienstag deutlich machte. Um etwa anderthalb Prozent ging der Goldpreis nach dem furiosen Wochenstart zurück. Am Mittwochmorgen lag er mit etwa 1380 Dollar oder 1070 Euro noch deutlich über den Tiefständen der vergangenen Monate, aber derzeit sieht es eher danach aus, dass die Achterbahnfahrt auf den Edelmetallmärkten weitergeht.
Dabei hätten die Vorzeichen am Montag nicht besser sein können – so haben ausgerechnet die drei größten Hedgefonds-Manager der Welt massenhaft Goldoptionen gekauft. George Soros, John Paulson und Steve Cohen haben Call-Optionen im Wert von mehr als 183 Millionen US-Dollar geordert. Und während John Paulson weiterhin als „Gold-Bug“ gilt, tat sich George Soros in den vergangenen Monaten mit vernichtenden Kommentaren zum gelben Metall hervor und befeuerte damit den Wertverfall. Spätestens jetzt dürfte klar sein, woher die miese Stimmung im Hause Soros herrührte – die Einstiegskonditionen, zu denen sich Soros und Co. frische Gold-Optionen besorgen konnten, waren so gut wie lange nicht mehr. Viele Marktbeobachter verstehen das Kaufverhalten von Soros daher auch als Beweis für eine Fortsetzung der Goldhausse.
Und nicht nur die Hedgefonds greifen beim Gold zu, auch die Zentralbanken in aller Welt nutzen die Gunst der Stunde und füllen ihre Lager preiswert mit goldenen Barren auf: Laut aktuellen Zahlen des „World Gold Council“ stiegen die Goldreserven der Türkei um 33,1 Tonnen auf insgesamt 408,9 Tonnen. Auch Russland legte nach und kaufte 4,7 Tonnen Gold, Kasachstan erhöhte seinen Goldschatz um 1,2 Tonnen Gold und Aserbaidschan kaufte eine Tonne hinzu. Die Verkaufsstatistik des World Gold Council deckt sich kurioserweise mit dem Kaufverhalten der Bevölkerung in Deutschland – kaum ein Edelmetallbesitzer wollte in den vergangenen Monaten verkaufen, die meisten Kunden (auch bei MP Edelmetalle) nutzten die niedrigen Kurse zum Einstieg oder Ausbau.
Der dritte Run auf Gold seit dem Jahr 2008 hat dafür gesorgt, dass inzwischen physisches Edelmetall zur Mangelware wird: Engpässe gibt es derzeit vor allem beim Krügerrand. In Hong Kong hat die „Mercantile Exchange“ angekündigt, den Handel mit physischem Gold vollständig einzustellen. Der tatsächliche Grund hierfür ist nicht bekannt, Medienberichten zufolge soll der Handelsplatz nicht mehr vom Londoner Goldmarkt beliefert werden und sich daher im Leerlauf befinden.
Am heutigen Mittwoch werden sich die Augen aller Anleger auf die Federal Reserve Bank richten – am Abend werden die Protokolle des letzten Offenmarktausschusses veröffentlicht, aus denen die weitere Strategie der FED zur Politik des billigen Geldes hervorgeht. In den vergangenen Wochen hat es immer wieder Unkenrufe gegeben, nach denen das als „quantitative easing“ bekannte Anleihekaufprogramm spätestens zum Jahresende aufgegeben wird. Auch wenn die Sorge um eine höhere Inflation zweifelsohne bei vielen FED-Vorständen umgeht, dürfte es am heutigen Abend dennoch keine wirklich Überraschung geben – FED-Präsident Ben Bernanke hat keine Alternative zu der Geldflut, die seit Monaten aus den FED-Schleusen strömt und die Inflation befeuert.
Schlussendlich wird nicht nur der anhaltende Währungskrieg zwischen Japan und den USA für eine Fortsetzung von „QE“ sorgen, vielmehr ist Ben Bernanke an seine eigenen Worte gebunden – und der FED-Präsident hatte deutlich gemacht, dass es vor einem Rückgang der US-Arbeitslosigkeit keine Möglichkeit gibt, die geldpolitischen Lockerungen zu beseitigen. So ist es dann auch wenig verwunderlich, dass sich die rebellischen FED-Regionalchefs inzwischen gar nicht mehr so rebellisch zeigen und mit leisen Tönen auffallen – sie machten in den vergangenen Tagen deutlich, dass die US-Zinsen bis zu einer Normalisierung am US-Arbeitsmarkt niedrig bleiben müssen. Und eine solche Normalisierung ist in weite Ferne gerückt.
Starke Unterstützung dürfte der Goldpreis in den kommenden Monaten aus einer Richtung bekommen, die in den vergangenen Monaten an Bedeutung verloren hat – die indischen Goldimporte sollen im zweiten Quartal 2013 um satte 47 Prozent auf 225 Tonnen anwachsen, glaubt ein ranghoher Vertreter der All India Gems & Jewellery Trade Federation. Demnach können indische Juweliere derzeit nur ein Fünftel ihres Bedarfs decken, die Banken in Indien haben hohe Aufgelder für physisches Gold eingeführt – pro Feinunze müssen die Juweliere nun zehn Dollar zahlen, vor dem Goldpreisrutsch waren es nur zwei Dollar. Die Menschen in Indien nutzen Gold weiterhin als Inflationsschutz, denn die Teuerungsrate liegt bei knapp unter zehn Prozent.
Damit verschärft sich der Kampf zwischen Indien und China um die Vorherrschaft auf dem Goldmarkt – denn das Census and Statistics Department von Hong Kong hatte gerade erst bekannt gegeben, dass die Goldimporte im März 2013 auf 223,5 Tonnen gestiegen sind, was einem Zuwachs um sensationelle 130 Prozent entspricht. Und die chinesischen Goldimporte sollen der Behörde zufolge zunehmen. Allein zwischen dem 29. April und dem 2. Mai sollen 40 Tonnen in Hong Kong umgesetzt worden sein. Die Statistik des World Gold Council macht deutlich, dass China die heimische Nachfrage bereits 2012 nur zu 45 Prozent aus eigenen Quellen decken konnte.
Aktuell stellt sich die Lage auf dem Edelmetallmarkt für Anleger regelrecht verhext dar – Hedgefonds, Zentralbanken und Menschen in aller Welt kaufen massenweise Gold, bei der Wertnotierung ist dieser Run jedoch noch nicht angekommen. Weil sich die fundamentalen Rahmenbedingungen allerdings nicht geändert haben, sollten Edelmetallbesitzer derzeit einen langen Atem haben und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen – während die Party auf den Aktienmärkten weitergeht, mehren sich die Stimmen, dass dort bereits die nächste Blase bevorsteht. Wer in einer solchen Situation echte Sachwerte besitzt, ist klar im Vorteil.
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