Marktbericht KW 13: Das Comeback der Euro-Krise

Die vergangenen Monate waren für Edelmetall-Investoren schmerzhaft – der Goldpreis kannte seit Mitte November praktisch nur noch eine Richtung: Nach unten. Stückchenweise schob sich die Notierung von über 1350 Euro pro Unze auf bis zu 1170 Euro herunter. Und die Marktbeobachter überboten sich mit Schreckensprognosen zu einem weiteren Absturz des Goldpreises. Der Risikoappetit, so war in den Wirtschaftsspalten der Tageszeitungen zu lesen, hat wieder zugenommen, denn die Eurokrise ist überwunden.

Ein Blick auf den aktuellen Goldpreis macht deutlich, dass die Einschätzungen der vergangenen Wochen mit der Realität wenig zu tun hatten. Der Goldpreis rangiert aktuell bei etwa 1250 Euro pro Unze, er hat also innerhalb weniger Wochen etwa 70 Euro dazu gewonnen – eine Rendite, die im Vergleichszeitraum keine andere Anlageform bieten konnte. Und während der als Anlagesensation gefeierte Deutsche Aktienindex DAX seit Tagen die gleiche Richtung einschlägt wie der Goldpreis in den vergangenen Monaten, klettert Gold von Tag zu Tag auf neue Hochstände.

Die Gründe für die neue Stärke des Goldpreises lassen sicht leicht finden: Die Euro-Krise ist mit voller Wucht zurück gekommen, oder besser gesagt: Sie war nie weg. Dass das zypriotische Geschäftsmodell – ein völlig überdimensionierter Bankensektor mit europaweit einmalig hohen Zinsen – keine Zukunft hatte, stand schon seit längerer Zeit fest. Zudem hatte die Regierung in Nikosia keine ernsthaften Anstalten unternommen, die Geldwäschevorwürfe gegen die heimischen Banken auszuräumen. Insbesondere in Russland war die kleine Mittelmeerinsel nicht in erster Linie wegen der Strände, sondern wegen unkomplizierter Geldwäschegelegenheiten beliebt.

Inzwischen sind die gewünschten Rettungsmilliarden in Zypern angekommen, die Banken haben seit Donnerstag wieder eröffnet – die Ereignisse der vergangenen Wochen machen aber unmissverständlich deutlich, in welchem Zustand sich die Eurozone befindet und welche Auswirkungen die Finanzkrise hat: Die Einlagengarantie von 100.000 Euro wurde aufgeweicht, unter Anlegern in Zypern besteht noch immer Unsicherheit – zwischen 40 und 90 Prozent könnten sie verlieren, je nachdem wie hoch ihre Einlagen waren und bei welcher Bank sie ihr Geld angelegt hatten.

Obwohl Zypern immer wieder als „nicht systemrelevant“ bezeichnet wurde, hat der Fast-Bankrott des Mini-Staates die gesamte Euro-Zone durcheinander gerüttelt – nicht zuletzt durch die Aussagen des neuen Eurogruppenchefs Jeroem Dijsselbloem, der deutlich machte, dass Zypern als Vorbild für andere Pleite-Rettungen dienen könnte. Zwar hat der Politiker nach massivem Druck auf EU-Ebene seine Aussagen zurückgenommen, trotzdem haben die vergangenen Wochen gezeigt: Spareinlagen in Europa sind nicht mehr sicher, die Beteiligung von Sparern an der Bankenrettung ist möglich und längst kein Tabu mehr.

Und es droht weiteres Unheil, denn der Fokus in der Euro-Krise dürfte sich schon in den nächsten Tagen nach Westen verschieben – die politische Unsicherheit in Italien nimmt zu, das ökonomische Schwergewicht ist seit Wochen unregierbar. Und Italiens Staatspräsident Napolitano möchte vor dem Ende seiner Amtszeit eine tragfähige Regierung präsentieren. Ursprünglich sollte diese Regierung bis heute stehen – doch eine Einigung in Rom ist in weite Ferne gerückt, weil sich die demokratische Partei mit dem Bündnis von Silvio Berlusconi sowie der Fünf-Sterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo nicht einigen kann. Schon jetzt steht so gut wie fest, dass die Italiener erneut an die Wahlurne treten müssen – und das Chaos dürfte nach der zweiten Wahl noch größer ausfallen.

Die Stimmung für Gold hat sich also auf den Finanzmärkten wieder gedreht – der Finanzsender Bloomberg hat gerade erst eine Umfrage unter 25 Händlern durchgeführt und nachgefragt, wie sich der Goldpreis in diesem Jahr entwickeln wird. Und die meisten Händler glauben, dass sich der Goldpreis weiter erholt und zu neuen Rekordständen steigt. Weiteren Rückenwind dürfte der Goldpreis auch durch den anhaltenden Etatstreit in den USA bekommen – die US-Regierung hat sich bis heute nicht mit den Republikanern auf einen neuen Haushalt geeinigt. Auch in den USA ist die Gefahr eines Staatsbankrotts daher nicht gebannt.

Edelmetallanleger sollten während der Osterpause vor allem das Gezerre um eine neue Regierung in Italien im Blick behalten. Hier könnte es schon in den nächsten Tagen zu einer Überraschung kommen, die deutlich macht, dass die Zeit für einen gesteigerten Risikoappetit im Jahr 2013 noch lange nicht gekommen ist. Immerhin bleibt die Krise auch im Rest von Südeuropa aktuell – Spanien klagt über eine Rekordarbeitslosigkeit von über 27 Prozent, die Wirtschaft soll im Jahr 2013 um 1,5 Prozent zurück gehen. In Portugal soll die Wirtschaft nun um 2,3 Prozent und nicht um 1,9 Prozent schrumpfen. Vor diesem Hintergrund dürfte es keinen wirklichen Grund geben, um an ein Ende der Goldhausse zu glauben.

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