Clevere Anleger nutzen Gold-Crash zum günstigen Nachkauf
Am Dienstag war es nach vielen Jahren mal wieder soweit – der Goldpreis stürzte aus heiterem Himmel ab, am Ende des Tages stand ein Minus von drei Prozent zu Buche. Noch schlimmer traf es Silber (minus fünf Prozent) und die Minenwerte (zweistellige Verluste). Erinnerungen werden wach an die brutalen (und unerklärlichen) Angriffe auf Gold in den vergangenen Jahren, als Kursverluste von bis zu sechs Prozent pro Tag zu Buche schlugen. Und nach langer Zeit sind nun wieder die Unkenrufe zu vernehmen, welche ein Ende des neuen Aufwärtstrends bei Gold vorhersagen. Doch was ist tatsächlich dran an der Panik?
Der vermeintliche Grund für den Crash bei Gold war schnell gefunden: Wie der Nachrichtensender Bloomberg berichtet hatte, plant die EZB schon bald eine Anpassung ihres QE-Programms. Den Gerüchten zufolge könnte die EZB noch vor dem offiziellen Ende des Programms im März damit beginnen, die monatlichen Anleihekäufe zu drosseln – ähnlich wie die US-Notenbank Fed beim Beginn der Zinswende. Das sogenannte „tapering“ könnte vorsehen, dass die Anleihekäufe stückweise um 10 Milliarden Euro pro Monat reduziert werden. Obwohl es sich dabei nur um Gerüchte handelte, schlug die Meldung ein wie eine Bombe: Eine Zinswende in Europa, so zumindest die erste Reaktion der Investoren, wird als Gift für Gold verstanden. Denn wenn die Realzinsen steigen, werden Anleihen und Kreditmarktpapiere wieder für Anleger interessanter. Und das alte Standard-Argument gegen Gold („Gold wirft keine Zinsen ab“) gewinnt wieder an Bedeutung.
Tatsächlich dürfte das überraschende EZB-Gerücht ein willkommenes Fressen für Spekulanten gewesen sein, die auf einen sinkenden Goldpreis gesetzt hatten und seit Monaten enttäuscht wurde – Gold zeigte in den vergangenen Monaten eine gewaltige relative Stärke und ließ sich durch nichts unter Druck setzen. Dies war auch wenig verwunderlich, da die Unsicherheiten um die Finanzmärkte wieder zunehmen und die Börsen nicht recht auf die Beine kommen wollen. In den USA vollführt die Fed – offenbar aus Angst vor den Märkten – seit Monaten einen Eiertanz um weitere Zinserhöhungen und steigert damit lediglich die Unsicherheit.
So dürfte sich dann auch in den nächsten Tagen die Erkenntnis durchsetzen, dass die angeblichen Pläne der EZB nichts anderes als eine Bankrotterklärung darstellen. Denn die Lage in der Eurozone ist dramatisch: Die Profitabilität der Banken ist auf einen Tiefpunkt, die ultraniedrigen Zinsen können langfristig weiteren Druck auf die Banken aufbauen. Die EZB steht schon lange mit dem Rücken zur Wand. Ihre Möglichkeiten beim Kauf von Anleihen sind erschöpft, die Eingriffe in die Märkte zeigen immer weniger Wirkung. Gold ist und bleibt vor diesem Hintergrund der Stabilitätsanker Nummer Eins. Und viele Anleger vergessen in Anbetracht der aktuellen Edelmetall-Panik, dass steigende Zinsen in der Vergangenheit gut für Gold waren: Die Notenbanken können die Zinsen nämlich nur ernsthaft erhöhen, wenn ihre Inflationsziele erreicht werden. Und bei einer prognostizierten mittelfristigen Inflation von zwei Prozent gewinnt Gold wieder an Bedeutung als Inflations-Versicherung.
Es ist allerdings zu erwarten, dass ein Großteil der Anleger der künstlichen Panik nicht verfällt und sich so clever verhält wie bei früheren Kursrückgängen bei Gold – und die niedrigen Kurse zum Ausbau bestehender Positionen nutzt. Denn es steht ein heißer Investment-Herbst bevor: In einem Monat finden die US-Präsidentschaftswahlen statt. Das Rennen zwischen Hillary Clinton und Donald Trump ist völlig offen – und auch hier gilt: Unsicherheit ist das letzte, was die Märkte derzeit brauchen. So ist es durchaus wahrscheinlich, dass sich die Edelmetallkurse in wenigen Tagen erholen. Ein Vorbote für diesen Trend: Die Ölpreise ziehen seit Tagen massiv an. Es steht also ein Comeback von „echten“ Werten bevor, die sich nicht durch fiskalpolitische Experimente künstlich vermehren lassen.
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