Der Sovereign wird zum Brexit-Schutz

Die Bestseller in Gold und Silber haben sich in den vergangenen 10 Jahren kaum geändert: Während der Krügerrand das Maß aller Dinge auf dem Goldmarkt ist, zählen der Maple Leaf sowie der Wiener Philharmoniker zu den Favoriten in Siegen. Die „Top Ten“ der beliebtesten Produkte ist bis heute konstant geblieben – mit einer Ausnahme: Im Jahr 2015 meldeten Edelmetallhändler in Deutschland sowie Griechenland eine sprunghaft gestiegene Nachfrage nach einer bestimmten Goldmünze – und dies, obwohl es keine Rabattaktion und auch keinen Motivwechsel bei diesem speziellen Produkt gab.

Gold Sovereign
Der Sovereign wurde im Jahr 2015 zu einer Art finanziellem Schutzschild vieler Menschen in Griechenland während der Staats- und Finanzkrise. Denn als die Griechen im Jahr 2015 mal wieder vor der Staatspleite standen, trafen in Deutschland auffällig viele Orders für die historische Handelsmünze aus Großbritannien ein. In Griechenland war der Sovereign zwischenzeitlich sogar vergriffen, inzwischen trägt sogar ein Edelmetallhändler den Namen der Goldmünze.

Die Sovereign-Manie mutet auf den ersten Blick kurios an, immerhin passt
der Sovereign
so gar nicht in die Welt der modernen Edelmetallmünzen. Während die Unze zur etablierten Recheneinheit geworden ist und die Prägestätten sich mit Feinheitsangaben geradezu überbieten, setzt der Sovereign ein Zeichen für die „gute alte Zeit“ des Welthandels: Der Feingehalt beträgt 916,7/1000, der Rest wird mit Kupfer ergänzt – so wird eine bessere Kratzfestigkeit erreicht. Der Sovereign bringt ein Feingewicht von genau 7,322381 Gramm auf die Waage, das Raugewicht liegt bei 7,98805 Gramm.

Im Frühjahr 2019 beobachten nun diverse Edelmetallhändler aus Deutschland erneut eine sprunghaft gestiegene Nachfrage nach dem Sovereign – diesmal allerdings nicht aus Griechenland, sondern aus einem anderen Krisenland: In Großbritannien treffen offenbar vermögende Bürger die nötigen Vorkehrungen, um ihr Vermögen gegen eine Abwertung des Pfund nach einem möglichen Chaos-Brexit krisenfest zu machen. Es halten sich zudem hartnäckig Gerüchte, dass mehrere Handelshäuser von der Insel ganze Lagerhallen voller Edelmetalle auf dem EU-Festland angehäuft haben. Offiziell bestätigen will freilich niemand diese Gerüchte, doch viele Händler und Prägestätten machten zuletzt auf der World Money Fair hinter vorgehaltener Hand deutlich, dass sie Vorkehrungen für alle Eventualitäten rund um den „Brexit“ getroffen hätten.

Der Sovereign profitiert in Krisenzeiten wohl vor allem von seiner reichhaltigen Geschichte: Die Handelsmünze wurde erstmals im Jahr 1489 geprägt und seitdem mehrfach neu aufgelegt. Die aktuelle Version existiert seit 1817 und wurde nach dem zweiten Weltkrieg erstmals 1957 neu geprägt. Für Hobby-Historiker ist die Münze auch deshalb interessant, weil sie alle britischen Monarchen der vergangenen Jahrhunderte zeigt – das Bildnis von Queen Elizabeth II. wurde inzwischen mehrfach angepasst, weil die Jahrhundertmonarchin seit der Wiedereinführung des Sovereign auf der Münze zu sehen ist.

Mit einem fiktiven und nicht aufgeprägten Nennwert von einem Pfund ist der Sovereign kein offizielles Zahlungsmittel und wird heutzutage von der Royal Mint als Anlage- und Sammlerprodukt geprägt. Zudem sind theoretisch hunderte Millionen Stück aus früheren Jahren als Investment-Produkt verfügbar – ein Teil dieser Prägemenge ist jedoch längst in Tresoren in Griechenland, Großbritannien sowie dem Rest der Welt verschwunden.

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