Sicherer Hafen dringend benötigt: EZB-Zinsentscheid beflügelt Gold

Es sollte die große Erholung nach einem verkorksten Jahresstart werden, doch ausgerechnet der vermeintliche Schutzheilige der Aktien-Zocker höchstpersönlich sorgte gestern für ein regelrechtes Börsen-Beben: Obwohl Mario Draghi mit seinen neuesten geldpolitischen Lockerungen weit über die Erwartungen der Börsianer hinaus gegangen ist, folgte auf eine kurzzeitige Euphorie der schnelle und schmerzhafte Absturz: Von seinem Hoch bei knapp unter 10.000 Punkten rauschte der DAX in die Tiefe und konnte sich erst knapp 500 Zähler tiefer fangen. Parallel schoss der Goldpreis in die Höhe – die Märkte befinden sich also im Panik-Modus.

Einen Tag nach dem jüngsten Börsen-Crash ist die Suche nach den Ursachen in vollem Gang – und die Verwirrung ist groß, denn immerhin galt es vor dem EZB-Zinsentscheid noch als ausgemacht, dass die Börsenrallye weitergeht, sobald Mario Draghi mehr als nur eine weitere Senkung des Einlagezinssatzes bekannt gibt. Und tatsächlich packte „Super-Mario“ eine massive Bazooka an geldpolitischen Maßnahmen aus: Neben der erwarteten Senkung wurde auch der Leitzins weiter gesenkt – von 0,5 auf 0 Prozent. Das Anleihekaufprogramm wurde ausgeweitet – und Draghi bekräftigte, dass die EZB im Kampf um eine höhere Inflation noch lange nicht am Ende sei.

Dieser Ausblick dürfte dann auch für die große Ernüchterung gesorgt haben, die gestern die Börsenkurse auf Talfahrt schickte. Denn inzwischen ist es offensichtlich, dass die EZB ihr Pulver verschossen hat: Die sukzessive Senkung der Leitzinsen und die damit einhergehende Enteignung von Sparern in ganz Europa hat ihr eigentliches Ziel verfehlt: Die Inflation verharrt weiter auf einem Tiefstand, das billige Geld der EZB fließt nicht in die Wirtschaft – stattdessen bilden sich Blasen, vor allem am Immobilienmarkt und an den Börsen.

Eine andere Anlageklasse demonstriert währenddessen relative Stärke: Der Goldpreis konnte von dem EZB-Schock weiter profitieren und sich oberhalb des Widerstandes von 1265 US-Dollar absetzen. In den vergangenen drei Monaten ist Gold auf Dollar-Basis um knapp 20 Prozent gestiegen, in Euro sind es immerhin noch 17 Prozent. Die EZB-Entscheidung hat für eine regelrechte Kaufwelle gesorgt, die auch bei Edelmetallhändlern wie MP Edelmetalle im Geschäft mit physischem Gold zu beobachten war.

Die nächsten Wochen dürften auch für Goldanleger spannend werden, denn die nächsten Zentralbank-Entscheidungen stehen bevor – und der Währungskrieg ist in vollem Gang. Charttechniker machen bei Gold die Marke um 1300 US-Dollar als nächste Hürde aus, danach könnte es bis auf 1400 und 1450 US-Dollar nach oben gehen. Profitieren dürften Goldkäufer hierzulande auch durch die fortschreitende Entwertung des Euros, die sich durch die jüngste Entscheidung der EZB schon bald fortsetzen dürfte.

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