Marktbericht KW 27: Gold profitiert vom (inoffiziellen) argentinischen Staatsbankrott

Am Wochenende waren, unbemerkt von den meisten Investoren in Europa, die ersten Schockwellen eines weltwirtschaftlichen Erdbebens zu beobachten: Nachdem Argentinien zum Monatsende keine Einigung mit seinen Gläubigern erzielen konnte, gilt das Land als „technischer Zahlungsausfall“. Nur ein Aufschub der Rating-Agenturen verhindert eine offizielle Pleite, doch das Ultimatum läuft Ende dieses Monats ab. Und sobald Argentinien die Hedgefonds auszahlt, werden andere Gläubiger nachziehen. In vielen Tageszeitungskommentaren ist daher eine einhellige Meinung zu vernehmen: Argentinien wird den Staatsbankrott erklären müssen, egal wie die Verhandlungen mit den Gläubigern verlaufen.

Wie kam es zu der neuerlichen Pleite des südamerikanischen Landes, das zuletzt 2001 den Offenbarungseid leisten musste? Die US-Justiz hatte einen Aufschub für Argentinien abgelehnt. Argentinien sollte seinen Gläubigern Milliarden zurückzahlen – ursprünglich bis zum Ende des vergangenen Monats. Die Verhandlungen mit den Hedgefonds NML und Aurelius stocken – zwar hatte die Regierung in Buenos Aires kurz vor Ablauf der Monatsfrist 832 Millionen Dollar auf ein US-Konto eingezahlt. Doch das US-Gericht hat das Geld prompt an die argentinische Regierung zurück geschickt. Und die Millionen reichen ohnehin nicht – denn neben den beiden Hedgefonds haben viele andere Gläubiger Anspruch auf Entschädigung. Dass davon viele die Papiere nach der Pleite des Landes billig aufgekauft hatten, interessiert das US-Gericht offenbar nicht.

Die Richter in den USA haben im vergangenen Monat eine folgenreiche Entscheidung getroffen hatte: Ein Gericht in New York gab den Hedgefonds recht, die sich nicht wie 93 Prozent der Anteilseigner mit der Rückzahlung von 35 Prozent ihrer vor 2001 an Argentinien geliehenen Gelder abfinden wollen. Seitdem muss Argentinien mit allen Gläubigern verhandeln. Allein die beiden Investmentfirmen NML Capital Ltd und Elliott Management Corp fordern etwa 1,5 Milliarden Dollar.

Die Edelmetalle können von der Unsicherheit um eine mögliche Staatspleite in Argentinien profitieren. Silber hat mit einem Anstieg von 11 Prozent das größte Monatsplus seit fast einem Jahr verbucht. Auch bei Gold steigern seit drei Wochen die Großinvestoren wieder ihre Position, am Terminmarkt der COMEX sind die Kontrakte in Gold im Juni um 18 Prozent gestiegen. Wenn der Widerstandsbereich um 1.330 US-Dollar gebrochen wird, ist das Jahreshoch bei 1.392 US-Dollar in greifbarer Nähe. Der Goldpreis hat zudem in den vergangenen Wochen bewiesen, dass die Marke von 1.300 US-Dollar als Unterstützung nach unten hält. Auch bei Silber ist viel Luft nach oben drin – wenn das Jahreshoch bei 22,30 US-Dollar überwunden wird, sind Werte bis 25 US-Dollar drin.

Während in Argentinien der Staatsbankrott kurz bevor steht, können sich die europäischen Schuldensünder vorerst über Wasser halten. Doch auch für Anleger in Europa droht Ungemach: Sparer sollen nach Plänen des Internationalen Währungsfond bei einer Staatspleite enteignet werden. Der IWF will nun auch Besitzer von Staatsanleihen und somit auch deutsche Bank- und Versicherungskunden bei einer drohenden Staatspleite deutlich schneller zur Kasse bitten als bisher. Die Gläubiger sollen nun bereits für die Schulden eines Krisenstaates aufkommen, bevor der IWF oder die Europäische Union (EU) einspringen. Sparer müssten dann teilweise oder sogar vollständig auf Zinsen und Rückzahlungen verzichten, im Gespräch ist auch ein klassischer Schuldenschnitt. Das Versprechen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel ist damit hinfällig – sie hatte eine weitere Beteiligung von Privatpersonen an einer Staatsrettung bislang kategorisch ausgeschlossen.

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